Feuer, Erde, Wasser, Luft.


E
ine Metamorphose

Ocker-grünlich glänzende, von bläulichen Reflexen überhuschte, der Erde entsprossene Rohcaffèbohnen werden mit der Probeahle aus den mit geheimnisvollen Qualitätskürzeln und exotischen Plantagennamen bedruckten Jutesäcken gestochen.

Triebwerkslärm vergleichbar tost die Gasflamme der klein und unscheinbar wirkenden Rösttrommel. Im Kontrast dazu steht die schweigende, gespannte Aufmerksamkeit des Röstmeisters, Signor Frasi senior, der allein über das Thermometer und mittels Augenschein durch ein winziges Guckloch den entscheidenden, diffizilen Verwandlungsprozeß begutachtet und, gestützt auf die Erfahrungswerte unzähliger Durchgänge, ins rechte Maß führt.

Knistern, Knattern und Prasseln erfüllt die urpötzliche Stille, wenn die Flamme mit einem letzten Knall abrupt erlischt und die hitzestrahlenden Bohnen im Rührwerk mit einem neuen Element, eiskalter Gebläseluft, zusammentreffen, um das Rösten kontrolliert zu beenden. Die vormals kompakten, unnahbar hermetisch verschlossenen, wie Kieselsteine wirkenden Rohbohnen explodieren nach ihrer Feuermetamorphose in einer Orgie von Düften und lassen aus ihrem geheimnisvoll geläuterten, samtigen Schimmer ihre neue und gleichzeitig alte, immer schon in ihnen enthaltene, jetzt phönixgleich erstandene, aber immer noch verborgene Komplexität an Aromen und Geschmäckern erahnen.

Ohrenbetäubendes Sirren und Knirschen der großvolumigen, langsam und schonend ihr Werk

verrichtenden Mühle kündet von der nächsten Transformation, aber noch fehlt zur gänzlichen Vollendung das Vierte.

Tassen mit dem genau richtigen Durchmesser ihres Konus und die blitzende Maschine werden angewärmt, ein Probedurchlauf, alle Komponenten der komplizierten Mechanik sind bereit: Wasser tut sein Werk. Endlich, die ersten Tropfen satt schimmernden Konzentrats quellen aus der Tülle des Filterträgers, der Fluß wird konsistenter; Creme, etwas heller, von Luftbläschen gesprenkelt, stabil und doch geschmeidig, hoch wie ein Finger breit, baut sich in der Tasse auf.

Ein Schluck mineralarmen Wassers, den winzigen Henkel zwischen Daumen und Zeigefinger geklemmt, noch ein Blick auf dies verführerische Gebräu, die Augen zu, um alle Sinne nach Innen zu konzentrieren, - jetzt ... Die Nase, der Mund, der Gaumen. Krautiges Unterholz, Tütchen mit Spezereien, wilder Honig, Schokolade, Vanilleschoten, cremig-schmeichelnde Üppigkeit, saubere blanke Klarheit, wohlige Wärme tief im Inneren. Eine Wiederholung, diverse Wiederholungen, verschiedene Sorten, Genuß ohne Ende. Dazu Giannis treffende, unnachahmlich prononcierte Erläuterungen, zur Auflösung eine zierlich-schlanke Havanna.

Das ist Giamaica Caffè. Pure Alchemie.

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